Regional, nachhaltig, gesund – die deutsche Brotkultur
Regional, nachhaltig, gesund – die deutsche Brotkultur
„Zukunft schmeckt on Tour“ im Talk mit den Magdeburger Mühlenwerken
Beim letzten Stopp der Tour „Zukunft schmeckt“ geht es um ein echtes Traditionsprodukt: Brot. Wichtigster Rohstoff hierfür ist Mehl, das von den Magdeburger Mühlenwerken bereits seit 1896 produziert wird. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und des Lebensmittelverbands Deutschlands spricht mit fünf Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über Brot als Grundnahrungsmittel, Nachhaltigkeit, politische Hürden und die Herausforderungen des Bäckerhandwerks.
Mehl als regionales Produkt
Thomas Brumme, Geschäftsführer der Magdeburger Mühlenwerke, legt im Gespräch zunächst dar, warum die Magdeburger Börde als Kornkammer Deutschlands bezeichnet werde. Nirgendwo anders habe man einen solch fruchtbaren Boden als Basis für hochwertige Weizen- und Agrarprodukte. Die Qualität des Weizens würde sich vor allem am Protein- und Glutengehalt manifestieren. Eine große Gefahr für das Qualitätsprodukt Weizen sieht Brumme vor allem in der Düngemittelreform, die dazu führen könnte, dass Weizen importiert werden müsste. Das widerspräche dem Regionalitätsgedanken, denn der Rohstoff würde bei ihm beispielsweise nicht mehr als 100 Kilometer weit transportiert werden müssen.
Brot wird beim Nutri-Score abgewertet
Einer der Abnehmer von Thomas Brummes Weizen ist Frank Kleiner. Der Geschäftsführer der Firma Harry Brot sitzt mit seiner Firma nur 16 Kilometer entfernt und ist vor allem durch seine Produkte im Brotregal und in den Backstationen des Handels bekannt. Im Gespräch erläutert Kleiner, dass sich die Nachhaltigkeitsstrategie von Harry im Bereich der primären (Beutel) und sekundären Verpackungen (rote Transportkisten statt Kartons) wiederspiegele sowie im Einsatz von Biogas- und Photovoltaikanlagen. Weiteres Thema ist der Nutri-Score und welches Brot nach einer Überarbeitung des Algorithmus schlechter abschneiden würde, da der Salzgehalt künftig strenger und der Protein- und Ballaststoffgehalt schwächer bewertet würde. Kleiner stellt klar, dass für ihn die geschmackliche Präferenz der Kundinnen und Kunden zähle und er deshalb nicht automatisch die Nährwertzusammensetzung der Brotsorten anpassen würde.
Große bürokratische Hemmnisse für das Bäckerhandwerk
Mit welchen bürokratischen Hemmnissen das Bäckerhandwerk zu kämpfen hat, stellt Michael Wippler, Präsident des Deutschen Bäckerhandwerks, im Talk dar. Egal ob Lieferkettengesetz, Datenschutzgrundverordnung oder Hinweisgeberschutzgesetz – jeder kleine Handwerksbäcker müsse eigentlich eine eigene Büroetage besitzen, aber man brauche im Handwerk die Hände dringend fürs Backen und Verkaufen und nicht, um Vorschriften zu erfüllen. Zum Thema Reduktionsvorgaben meint Wippler, dass diese gegen die Seele des Bäckers gehen würden, denn die Stärke des Bäckerhandwerks liege in der Individualität der Rezepte. Wenn von außen herein „dirigiert“ werde, gehe das gegen die Grundüberzeugung der Handwerksbäcker.
Ernährungspolitik ist nicht gescheitert
Dr. Gero Hocker, agrarpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, spricht über die Ernährungsstrategie, die geplanten Werbeverbote und seine Partei als politisches Korrektiv in der Bundesregierung. Hocker vertritt die Ansicht, dass die Ernährungspolitik nicht gescheitert sei, was man an der Vielfalt, Qualität und Verfügbarkeit der Lebensmittel sehen würde. Vielmehr gehe es darum, den Verbraucherinnen und Verbrauchern die vorhandenen Informationen, zum Beispiel auf einer Produktverpackung, näher zu bringen, damit diese auch genutzt werden. Zusätzliche Deklarationspflichten sehe er als nicht notwendig an. Zum Thema Werbeverbote vertritt Hocker zudem die klare Meinung, dass dies Scheinlösungen seien und die gemeinsame Verpflichtung, die Prävention von Übergewicht und Adipositas, nicht zielführend voranbringen würden. Seiner Meinung nach müsse Politik Rahmenbedingungen schaffen, aber der Gedanke, Politik wisse besser als die Unternehmen, was die Verbraucher wünschen, wäre nicht richtig.
Reinnovation der Ernährungskultur
Ernährungssoziologe Dr. Daniel Kofahl betont im Talk, dass Essen vor allem auch eine soziale Komponente habe. Die Menschen würden in der Regel lieber in Gruppen essen als alleine. Außerdem haben Eltern, Familie, Kita und Schule eine prägende Wirkung auf das Ernährungsverhalten des Einzelnen. Als Kind werde ein Grundgerüst angelegt, aber da man sich im Laufe seines Lebens verändert, würde sich auch der Geschmack ändern und man könne sich grundsätzlich auch an viele unterschiedliche Geschmäcker gewöhnen. Ein gutes Beispiel sei hier Kaffee, den man als Kind schon aufgrund der Bitterkeit nicht trinken würde, später viele von uns aber dann durchaus täglich Kaffee konsumieren würden. Kofahl meint außerdem, dass wir gerade eine Reinnovation hätten: Das heißt, wir würden uns zurückbesinnen auf Dinge, die wir schon einmal hatten. Sozusagen Altbewährtes neu gedacht, nachdem jahrelang exotische und ungewöhnliche Speisen im Fokus standen.
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